Bauen, was das Zeug hält
Berlin wächst: Jedes Jahr ziehen mehr als 30.000 Menschen in die Stadt. Nachdem bis vor wenigen Jahren in Lichtenberg kein Mangel an Wohnungen herrschte, sieht das aktuell ganz anders aus. Selbst in dem östlichen Bezirk ist es inzwischen für viele ein großes Glück, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Und so wird gebaut, was das Zeug hält. Bis zu 4.000 Wohneinheiten entstehen in den nächsten Jahren im Bezirk, sagt Lichtenbergs Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU). Langjährige Brachen werden verkauft und bieten Platz für neue Quartiere.
Häuser zwischen Häusern
Noch vor einigen Monaten hatte sich Bernd Ruszkowski dafür stark gemacht, dass die seit Jahren vernachlässigte Grünanlage rund um die Paul-Zobel-Straße wieder in Schuss gebracht wird. Dort befanden sich einst Kindertagesstätten, Spiel- und Sportplätze. Nachdem auf dem Areal jetzt ein Kinder- und Bildungszentrum inklusive Kita eröffnet wurde, hatten Anwohner wie Ruszkowski die Hoffnung, dass die einst so beliebte Grünanlage direkt daneben wieder hergerichtet wird. Doch weit gefehlt. Eher zufällig – so Ruszkowski – hätten seine Nachbarn und er von den Plänen der Howoge erfahren, das Areal mit 70 Wohnungen zu bebauen. Dagegen protestieren sie nun. Das Thema, »Verdichtungsbauten in der Paul-Zobel-Straße«, wird jedoch schon länger diskutiert, LiMa+ berichtete.
Eine kleine Anwohnerinitiative fürchtet einerseits um den Verlust der Bäume und Grünflächen. Auch gibt es Bedenken, was die Belastung des Wohngebiets betrifft. »Schon jetzt kommt hier kaum ein Krankenwagen durch, weil alles zugeparkt ist«, sagt Anwohner Bernd Fleischmann. Viel schlimmer aber findet seine Nachbarin Roswitha Müller, dass die neuen Häuser sehr nah an die bestehenden Wohngebäude gebaut werden. Den Plänen konnten sie entnehmen, dass zwischen einem der neuen Wohnhäuser und dem gegenüberliegenden Plattenbau gerade einmal eine Entfernung von 24,60 Metern bleibt. »Die Lebensqualität verschlechtert sich«, sagt Bewohnerin Galina Weber.
Anwohnerinitiative will Gespräch
Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel sagt, die Betroffenheit der Anwohner sei nachvollziehbar. Er sieht aber keine Rechtsgrundlage, die Neubauten zu verhindern. »Ja, das ist eine Verdichtung«, räumt Nünthel ein. Er macht aber klar, dass der Kiez um die Paul-Zobel-Straße kein Einzelfall bleiben wird. »Auch an anderer Stelle werden ähnliche Bauvorhaben für Diskussionen sorgen.«
Bereits bei einem seiner Kiezspaziergänge durch die Viertel der sechs Wahlkreise in Lichtenberg, wo sich Wilfried Nünthel als bezirklicher Spitzenkandidat der CDU vorstellte, hatte es in der Paul-Zobel-Straße Proteste gegen die Howoge-Pläne gegeben. In der Juli-Tagung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) trat die Anwohnerinitiative während der Bürgerfragestunde auf und regte an, ein Gespräch mit dem städtischen Wohnungsunternehmen über die Sorgen der Bewohner zu führen, LiMa+ berichtete. Nünthel und Bezirksbürgermeisterin Birgit Monteiro (SPD) sagten ihre Teilnahme zu. Im Ausschuss für Ökologische Stadtentwicklung soll das Thema weiter diskutiert werden.
Autor: Marcel Gäding